Auto der Zukunft fährt ohne Mythos

Das Auto der Zukunft fährt ohne Mythos. Denn eigentlich war das Versprechen eines eigenen Autos gleichzeitig der Traum von Freiheit und Lebensqualität. Dabei war es kein deutscher, sondern er schwappte in den 60er-Jahren aus den USA nach Germany über. Mit steigendem Wohlstand und Ausbau der Straßen wurde es auch zu einem deutschen Traum.

Sexy Mythos und Erfolg

Einen nicht unwesentlichen Anteil am Siegeszug der Automobile trugen Hollyood-Filme und die in ihnen gezeigte grenzenlose Welt der 1000 Perspektiven und Freiheiten. Ein zentrales Element dabei waren immer wieder schicke Autos, erfolgreiche Männer und hübsche Frauen. Das sexy Element des Autos der Zukunft erschöpft sich in der Ladesäule.

Gedankensplitter: Das Auto der Zukunft wird ohne Mythos leben müssen. Ganz im Gegensatz dazu dieses schöne Oldsmobil.
Das Auto der Zukunft fährt ohne Mythos, der aber war Teil des Traumes. Foto: Pixabay von Noel Bauza.

Auto der Zukunft mit Raketenstart

In drei Sekunden auf 100 km/h, wer braucht das schon und wer kann es verantworten? In spätestens fünf Jahren wird mit Deutschland das letzte Refugium für enthemmte Geschwindigkeit fallen, bei Tempo 130 ist dann Schluss. Das Auto der Zukunft fährt ohne Mythos und Freiheit, mit Tempo 130 durch die Alpen zur nächsten Ladestation, hoffentlich ohne Schnee und Eis.

Der Traum von Freiheit

Der Traum von Freiheit ist mit weiten Landschaften und ewigem Horizont verbunden, eben ein amerikanischer, wie etwa das kultige Road-Movie Easy-Rider aus den 60er-Jahren zeigt. Etwa auf der Route 66 ganze 4000 Kilometer quer durchs Land fahren, von Chicago nach Los Angeles. Es glorifiziert den Glauben an Freiheit und Abenteuer. Das Auto der Zukunft fährt ohne Mythos, eben nur von Ladestation zur Ladestation und da ist bei 300 Meilen Schluss.

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Und wer von uns erinnert sich nicht an das erste eigene Auto. Endlich angekommen in der Welt der Erwachsenen. Meist war es ein etwas älteres Modell und für einige tausend Euro erschwinglich. Hatte doch der Führerschein gerade die finanziellen Möglichkeiten strapaziert. Mit dem Auto der Zukunft wird es keine ‘alten gebrauchten’ mehr geben und das Auto der Zukunft fährt ohne Mythos und ohne die nötigen finanziellen Mittel von 35.000 Euro an aufwärts.

E-Autos ohne Restwert

Wer kauft schon ein altes E-Mobil, bei dem ein Ende der Lebensdauer des Akkus abzusehen ist und dessen Entsorgung ungeklärt. Damit fällt selbst der einzige Mythos vom Auto der Zukunft in sich zusammen, und das Herzstück, nämlich die Lithium-Ionen-Akkus fallen nicht vom Himmel. Nachhaltigkeit geht anders, und vor allem eine, die sich alle leisten können. Der Volkswagen war dafür schon früh ein Symbol.

Gedankensplitter: E-Autos in drei Sekunden auf Hundert. Das ist zu schnell und zu teuer.
Gedankensplitter: Preis. Leistung und Geschwindigkeit. In welchem Verhältnis stehen sie? Foto Pixabay von Lee Rosario

Das Privileg eines Zukunfts-Autos

Das Auto der Zukunft ist teuer, und die Preise beginnen bei 35.000 bis 45.000 Euro. Die Zuschüsse schmelzen aktuell von 9.000 auf 4.500 Euro ab, und die gibt es erst zeitverzögert nach Antragsstellung. Das Auto der Zukunft fährt ohne Mythos und ist den Privilegierten unserer Gesellschaft vorbehalten. Dass die Zahl der Neuzulassungen in Deutschland einbrechen erleben wir bereits heute.

Verkaufszahlen brechen ein

Noch nie wurden im 21. Jahrhundert in Deutschland so wenige Autos wie im Jahr 2021 zugelassen, nämlich nur 2,62 Millionen Fahrzeuge. 2019 waren es noch über 3,6 Millionen und damit brach der Markt innerhalb von zwei Jahren um 27 Prozent ein. Die Verkaufszahlen aus 2022 waren mit 2,65 Millionen nicht besser, die Zukunft bleibt unsicher. Das Auto der Zukunft und die Energiewende fordern ihren Preis. Das aber soll erst der Anfang sein, wenn es nach der Klima-Lobby „Agora Verkehrswende“ geht, und die ist im Bundesverkehrsministerium gut vertreten. Das Auto der Zukunft fährt ohne Mythos und der Staat kassiert kräftig mit.

Zu viele Autos auf den Straßen

Agora-Chef Christian Hochfeld geht davon aus, dass die Pkw-Flotte nach 2030 deutlich zurückgehen werde. Er begründet es mit besseren Alternativen zum eigenen Auto der Zukunft. Dabei könnten die hohen Preise, sowohl in der Anschaffung als auch bei den Energiekosten, ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen. Ob das Klima nun mit der Selbsternennung von Christian Hochfeld zum Klimaaktivisten einverstanden ist oder nicht, bleibt ungewiss. Er gibt aber schon mal eine Prognose ab:

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„Wir sehen eine Flotte von etwa 30 Millionen Pkw zwischen 2035 und 2040. Wenn es mehr Fahrzeuge gibt, kommen wir allein mit dem Stromverbrauch nicht mehr hin“, sagt Hochfeld. Derzeit sind in Deutschland 48,5 Millionen Pkw zugelassen – und die Zahl steigt. Das Auto der Zukunft ist demnach jenes, das gar nicht mehr gebaut wird.

Das Kollektiv vor dem Individuum

Gedankensplitter: Schöne Frauen und heiße Autos. Dieses Image wurde lange gepflegt.
Sex sells – wirklich? Foto Pixabay von Ben Faist

Das heißt im Klartext: Jedes dritte Auto soll von der Straße verschwinden. Und von den verbleibenden 62 Prozent wird die Hälfte geschäftlich genutzt werden. Eine weitere Frage, die sich auftut: Bleiben die LKW als Hauptschädlinge auf Deutschlands Straßen?

Aus der Traum von Freiheit und Selbstverwirklichung. Das Auto der Zukunft fährt ohne Mythos und das Kollektiv steht vor dem Individuum. Anstehen an der Bushaltestelle und bitte mit Maske. Ungeimpfte könnten künftig zeitweise ausgesperrt werden. Für die Rückfahrt bitte rechtzeitig reservieren und der Anschlusszug könnte Verspätung haben oder ganz ausfallen. Es lebe die neue Freiheit in Deutschland.

Die Schönen und die Reichen

Profiteure auf Deutschlands Straßen werden all jene sein, die sich ein Auto der Zukunft für 50.000 Euro ohne Probleme leisten können, nebst Ladestation in der eigenen Garage und Solarmodule auf dem sonnigen Garagendach. Es werden eben immer weniger sein im besten Deutschland aller Zeiten, denn die Rezession und Inflation nagt bereits heute (2022) am Bestand des Mittelstandes.

Manche Medien, wie etwa die Süddeutsche Zeitung, prophezeiten bereits 2016: „Das Auto als Freiheitsmaschine hat keine Zukunft“. Sie sprachen in diesem Zusammenhang von überholten Mobilitäts-Begriffen. Man wollte die Zahl der E-Autos bis 2020 auf eine Million bringen und den „Verbrenner“ bis 2025 ganz verbieten. Es gäbe eben nur noch Platz für das Auto der Zukunft. Mit Glück könnte eine Million E-Autos im Jahr 2023 erreicht werden.

Ein radikaler Wandel des Bewusstseins

Gedankensplitter: Das kann dauern, an der Ladestation. Bei weiten Reisen eher problematisch.
E-Mobilität: Ladezeiten von einer halben Stunde. Foto Pixabay von andreas160578

Der SZ-Autor Jörg Häntzschel schrieb damals bereits von der Notwendigkeit eines radikalen Bewusstseinswandels im Zusammenhang mit dem Auto der Zukunft. Dabei gehe es gar nicht mehr um das einzelne Fahrzeug als solches, sondern um die Systeme und Netze, in die es eingebunden werden soll. Von was spricht der Schreiber?

Leben in der eigenen Blase

Vermutlich sind er und seine KollegInnen selbst bestens vernetzt, haben ihre teuren E-Bikes im Bürogebäude fest angekettet und sind mit der S-Bahn an den Stadtrand von München gereist. Ja, man richtet es sich eben komfortabel ein mit bester Aussicht auf das schöne Alpenpanorama. Wie sonst sind Sätze wie: „Dabei sind die unausweichliche Zivilisierung des Autoverkehrs und die schleichende Entmachtung des Fahrers längst im Gange“, zu verstehen? Das Auto der Zukunft zur Domestizierung der wilden Landbevölkerung?

Von guten und bösen Menschen

Noch ein Beispiel gefällig: „Während die Autos dem Fahrer also das Maximum an Rücksichtslosigkeit und asozialem Verhalten erlauben und das Risiko minimieren, dabei zu sterben“, unterstellt der Jörg Häntzschel und ich frage mich allen Ernstes, welcher Gaul, Pardon, welches E-Auto hat ihn dabei geritten? Im Auto der Zukunft soll alles anders werden, so seine Hoffnung. Google und Apple werden den wahren Weg zeigen. Es leben hoch die großen amerikanischen Techkonzerne, die dabei immer reicher und mächtiger werden. Das Auto der Zukunft fährt ohne Mythos und gibt die Regeln vor.

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Als Berufsfahrer erlebe ich 99 Prozent der Verkehrsteilnehmer:innen als sehr rücksichtsvoll und umsichtig. Und egal in welchem System, Ausreißer wird es immer geben. Das liegt am Menschen selbst und häufig auch an seiner Jugend und Unerfahrenheit. Daran wird auch das Auto der Zukunft nichts ändern.

Gedankensplitter: An den Parkplätzen stehen meist keine Schnell-Ladestationen. Darum: Zeit lassen beim Shoppen.
Shoppen und laden, warum nicht. Das Auto der Zukunft lässt grüßen. Foto Pixabay von A. Krebs

Ein Sieg der reinen Vernunft?

Nein, das Bedürfnis nach Freiheit wird beim Auto der Zukunft keine Rolle mehr spielen, es werde die reine Vernunft regieren, und als Abgase entweichen geklärte blaue Lüftchen im Windschatten des E-Autos. Der Strom kommt aus der Steckdose, die vom reinsten grünen Ökostrom gespeist, die Zukunft der Menschheit und den Planeten Erde rettet, was natürlich seinen Preis hat. Etwa die höchsten Energiekosten innerhalb Europas. Aber ja, man kann es sich leisten, oder eben nicht.

Reisebranche mit Rekord-Umsätzen

Das Auto der Zukunft fährt ohne Mythos, ganz ohne die Emotion, ohne nach Freiheit? Die Reisemobilbrache schreibt seit Jahren Rekordzahlen. Jährlich werden in Deutschland knapp 100.000 Reisemobile und Caravans verkauft und der Trend ist ungebrochen. Über die Jahre hinweg dürfte mittlerweile ein Bestand von rund einer Million Fahrzeugen angewachsen sein. Menschen sehnen sich danach, dem Alltag zu entkommen und ein Stück eigene Freiheit zu genießen. Daran wird auch das Auto der Zukunft nichts ändern.

Der ÖPNV soll es richten

Freilich redet leicht von Verzicht, wer Wein statt Wasser trinkt oder im Netzwerk einer europäischen Metropole lebt, in ihr vernetzt und bestens eingebunden ist. Um dem Auto der Zukunft den Boden zu ebnen, werden landauf und landab, eben auf dem Land, in den Landkreisen, Millionen für eine Optimierung des ÖPNV (Öffentlicher Personen-Nahverkehr) investiert. Ersetzen aber kann und wird er den Individualverkehr nicht. Im Gegenteil.

Mehr Verkehr und Staus auf den Straßen

Eine exklusive Auswertung der Verkehrsdaten-Analysefirma Inrix zeigt, dass die Bundesbürger Busse und Bahnen meiden. Welt.de online scheibt dazu: “Die Deutschen fahren wieder deutlich mehr Auto. Laut Inrix stieg die Zahl der Fahrzeugkilometer an Wochentagen um 21 Prozent im Vergleich zu 2021, sie „liegt damit sogar um acht Prozent über dem Niveau von 2019“, stellen die Analysten fest.”

Gedankensplitter: Die Freiheit des Reisens ist ein hohes Gut und hat die letzten Jahre sehr gelitten. Soll es uns ganz genommen werden?
Das Auto und der gelebte Traum von Freiheit. Foto: Gerd Spranger

Die gute alte Zeit mit Visionen

Um die Faszination Auto zu verstehen, hilft ein Blick in die Vergangenheit. 1960 verkaufte man bereits 1,8 Millionen KFZ jährlich, das Automobil war zu einem Motor der gesellschaftlichen Entwicklung und der Wohlstandsgesellschaft geworden. Es wurde mehr und mehr zum Statussymbol, denn es zeigte, dass man selbst auch Teil dieses Erfolgs ist. Darum fährt auch heute etwa einen Tesla, das Auto der Zukunft, wer es sich leisten kann und mag.

Sicherheit und Wohlstand für alle

Freilich gab es 1960 noch keine ‘Freizeitgesellschaft’, erst ab 1965 reduzierte sich die Arbeitszeit von 45 auf 40 Wochenstunden. Doch wacker kämpfte man sich, mit schwach motorisierten VW-Käfern und Dachgepäckträger etwa über die Alpenpässe bis an die Adria. Ja, die Zahl der Auto-Neuzulassungen wuchs und auch das Straßennetz war Zug um Zug ausgebaut, selbst kleine Landstraßen waren inzwischen geteert.

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Die Faszination Auto ging ihrer Blüte entgegen, und das emotionslose Auto der Zukunft war undenkbar. Bis 1973 stieg die PKW-Produktion in Deutschland auf mehr als 3,3 Millionen an. Knapp zwei Millionen gingen in den Export. Im Gegenzug wuchs der Deutschland-Absatz vor allem italienischer und französischer Hersteller bis 1973 auf rund 770.000 Fahrzeuge.

Das Auto bleibt eine Insel der Freiheit

Besonders in den letzten Jahren, der durch Zwangsmaßnahmen regulierten Corona-Jahre, stieg das eigene Auto wieder zu höherem Ansehen. Wer reist schon gern unter Maskenzwang größere Entfernungen? Wo ist man besser geschützt als im Raum des eigenen Autos. Das Auto der Zukunft und die Zukunft des Autos werden erhalten bleiben.

Wer vermisst gerne den Komfort des eigenen Reisens? Fahren wann es beliebt, wohin es beliebt und so weit es beliebt. Das Auto ist eine Tür zur und in die Freiheit und auch in wirtschaftlicher Hinsicht existentiell für den Staat, für unsere Gesellschaft. Noch gibt es sie, die günstigen Varianten der Verbrenner mit Einstiegspreisen von 10.000 bis 20.000 Euro. Einige Modelle erfreuen sich auch nach fünf Jahren noch eines respektablen ‘Restwertes’. Das Auto der Zukunft soll dem ein Ende bereiten.

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