Demokratie braucht Alternativen

Wie schnell doch ein wenig Umdeutung aus einem Satz wie „Demokratie braucht keine Alternative“, wie auf einem Transparent  bei einer Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Kiel gezeigt, etwas ganz anderes wird. Demokratie braucht Alternativen, ja, und zwar immer. Es ist ihr zugrunde liegendes Gen, denn ohne Alternative, ohne einen Austausch der Meinungen, ohne Gegensätzlichkeit, ist Demokratie schwer vorstellbar. Nur in einer Diktatur herrscht Einheitsmeinung, wie es viele deutsche Bürger in der DDR über Jahrzehnte erlebten. Einheitsmeinung und Denkverbot.

Die Medien spielen die Begleitmusik beim Kampf gegen Rechts. Das Bild wurde natürlich rein zufällig zur bezeichneten Überschrift gewählt. Ein Schelm, wer böses denkt. Grenzen? gibt es keine. Bashing und Verächtlichmachung des Gegners scheinen mehr und mehr zum guten Ton zu gehören.

Jene, die in den letzten Wochen auf die Straße gingen und mit Plakaten wie Demokratie braucht keine Alternative, sich frontal gegen die AfD stellten, sind Brüder und Schwester im Geiste jener, die ein Parteiverbot fordern. Parteiverbot ist gleichsam ein Denkverbot. Und letztlich gehe es um ein Infrage stellen unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, ist immer wieder zu vernehmen. Wirklich? Darunter geht es nicht? Demokratie braucht Alternativen!

Vor der Ära Merkel gab es im Lande immer schon politisch links oder rechts orientierte Menschen. Gern sprach man auch von den ‚Konservativen‘. Zum Ende der Ära Merkel hörte man kaum noch das Wort von den Konservativen, für die ja eigentlich die CDU/CSU einmal stand. Es folgte mit dem Aufkommen der AFD noch eine gewisse Unterscheidung von ‚rechts‘ und von ‚rechtsextrem‘. Heute scheint es nur noch ‚Rechtsextrem‘ zu geben und alles, was politisch rechts ist, sei vom Teufel, Nazis und ein ‚Nie wieder‘. Damit sind nur sie gemeint, die Rechten, die Rechtsextremen.

Befeuert wird solcher Art von Totalitarismus, mit dem Ziel einer umfassenden Durchsetzung des ganz eigenen Wertesystems, mit einer Brandmauer und der Verweigerung einer inhaltlichen Auseinandersetzung bis hin zur gesellschaftlichen Ausgrenzung. Dabei verlangt gerade die so gern zitierte ‚Freiheitlich demokratische Grundordnung‘ ausdrücklich die Chancengleichheit der politischen Parteien und eine Demokratie den Diskurs, denn Demokratie braucht Alternativen.

Demokratie braucht Alternativen

Die Stimmung im Lande ist in manchen Teilen des Landes derart aufgeheizt, dass sich nur noch jeder zweite traut, seine Meinung frei zu äußern. Bevorzugt natürlich jene Meinung, die dem Mainstream entspricht und bei der keine Nachteile zu befürchten sind. Meinungs- und Denkverbot in einer Demokratie? Sie werden mir sicher zustimmen, dass dies zutiefst undemokratisch ist. Aber, muss sich das Volk nicht gegen ‚Demokratiefeinde‘ schützen?

Wer dieses Wort ins Feld führt, ist der politischen Propaganda bereits aufgesessen. Demokratie braucht Alternativen. Es ist zutiefst undemokratisch, wenn lediglich das Establishment aus Altparteien,  für sich, und nur für sich, in Anspruch nimmt, Demokraten zu sein. Was im Umkehrschluss natürlich heißt, alle politisch anders orientierten Mitmenschen – und das sollen aktuell so um die 20 Prozent sein – können dann ja nur Antidemokraten sein. Diese Logik hat sich beim Volk längst verfangen. Kampf gegen Rechts, Kampf gegen Antidemokraten, Kampf gegen Nazis – alles das Gleiche.

Steinmeier und die Rattenfänger

Es sind gerade jene politischen Brandstifter der Altparteien – und da kann man getrost beim Bundespräsidenten anfangen, der politisch Andersdenkende als Rattenfänger bezeichnet und ihre Wähler somit als Ratten. Heute aber scheint das kein Problem mehr zu sein. In den dunklen Jahren Deutschlands wurden Menschen einer bestimmten Volksgruppe als Ratten bezeichnet, heute sind es eben politisch Andersdenkende. Und wie das nun mal so ist mit Ratten. Sie müssen vernichtet werden.

Es drängt sich der Eindruck auf, viele Menschen haben das elementare Wesen der Demokratie nicht verstanden. Demokratie braucht Alternativen, es darf nicht nur eine Meinung geben und es ist die Aufgabe und Pflicht der Opposition, Entscheidungen der Regierung zu hinterfragen, auch Gegenkonzepte zu entwerfen. Die Weltwoche etwa fragt: «Haufen Scheisse», «parasitäre Gruppe», «Nazipartei»: Der Ton gegen die AfD verschärft sich. Die Spaltung Deutschlands ist Tatsache.

Mit Kampfbegriffen in das Aus setzen

Ein bekannter Philosoph sagte: „Wenn die Moral verloren geht, dann auch das Land.“  Oder wie es Orson Welles einmal formulierte: „Wir sind erbitterte Moralisten, wenn es sich um andere handelt.“ Und auch da mangelt es an Beispielen nicht. Der Diskurs ist durchsetzt von Kampfbegriffen wie ‚Klimaleugner‘ oder ‚Coronaleugner‘. Erstaunlicher Weise gibt es noch keinen Begriff wie ‚Menschenleugner‘ für jene unsäglichen Menschen, die sich weiterhin stur und steif zu zwei biologischen Geschlechtern bekennen. Als Mensch „divers“ zu sein, bringt uns dabei nicht wirklich weiter.

Dabei macht es wirklich neugierig, liest man auf Google: Eine Person mit dem Eintrag ‚divers‘ hat ein Geschlecht, dass sie vom männlichen oder weiblichen unterscheidet. Und da soll einer noch behaupten, Biologie sei langweilig. Eine diverse Persönlichkeit, also ungleichartig und verschieden in sich selbst, nannte man früher in sich gespalten, also schizophren.

Was darf man noch sagen?

Es geht hier nicht um Personen, sondern um Sprache und Begrifflichkeiten. Soviel Auseinandersetzung darf noch erlaubt sein, hoffe ich wenigstens, ohne dass gleich ein Verfassungsschutz im Stasikleid anklopft. Oder vielleicht doch nur eine Anzeige? Es trifft den Kern unserer Gesellschaft, Demokratie braucht Alternativen. Meinungsfreiheit so weit, so gut, doch alles muss ja seine Grenzen haben – oder doch nicht? Was darf gesagt, geschrieben oder gedacht werden? Müssen wir Angst haben?

Um aber auf Moral und unsere wehrhafte Demokratie zurückzukommen. Von ‚wehrhafter Demokratie‘ hat übrigens jüngst unser aller Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gesprochen. Zu jener Gelegenheit, als er auch von Demokratiefeinden und Rattenfänger sprach und zum Kampf gegen sie aufrief. Und Kirche und Gewerkschaften marschierten voran, ebenso unser aller Bundekanzler und viele Vertreter der Altparteien sowie einige staatliche geförderter NGO’s, Arbeiterwohlfahrt und sogar Kreisverbände der Lebenshilfe. Schließlich einige uns alle der Kampf gegen Rechts, der Kampf gegen die AfD, der Kampf gegen die Demokratie, sorry, natürlich für die Demokratie, wir, die Guten.

Verfassungsschutz scheut weder Kosten noch Mühen

Ja, und der Verfassungsschutz (VfS), er leistet ganze Arbeit, scheut weder Kosten und Mühen, um die AfD noch kurz vor den Wahlen im Osten flächendeckend zumindest als Verdachtsfall einzustufen. Sogar ein potenzieller Ministerpräsident von Thüringen, Björn Höcke, sollen, wie aktuell gefordert, seine Bürger-Grundrechte aberkannt werden. Der VfS setzt seine Grenzen eng, Demokratie braucht Alternativen, womit der VFS jedoch seine Probleme hat. Björn Höcke etwa wäre der erste Bundesbürger, in der doch etwas länger währenden Geschichte der BRD, dem sein Grundrecht entzogen wird. Es darf im Kampf gegen Rechts eben kein Halten gegen. Aktuell muss er sich zweier Anklagen vor Gericht stellen.

„Kampf gegen Rechts“ eint eben alle. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will jetzt auch Nachforschungen über Geldquellen von Extremisten erleichtern. Gemeint dürfte damit wohl die AfD sein, deren Wählerpotential aktuell deutlich höher liegt, als jenes der Sozialdemokraten. Es soll dann möglich sein, Konten einzufrieren. In ihrem Statement spricht sie auch eine Warnung an alle Unternehmen aus, die ‚Rechts‘ unterstützen. Frei nach Georg Orwell: „Big brother is watching you“. Es wäre doch gelacht, wenn dem politischen Feind nicht beizukommen ist. Vor allem ist dieses Realitäts-Theater bestens geeignet, von eigenen Versäumnissen abzulenken.

Politik sollte die Probleme des Landes lösen und sie nicht vertiefen.

Ungelöste Baustellen gibt es in nahezu allen politischen Feldern. Von der Klimakrise bis zum E-Auto, vom Atomausstieg bis zum Kohlekraftwerk, von der Rezession bis zum Abwandern von Firmen und Fachkräften, von Milliarden(!!!)Löchern im Haushalt bis zur Inflation. Vom neuen Heizungsgesetz bis zur auch nach acht Jahren ungelösten Flüchtlingskrise. Überforderte Kommunen, Politiker, Beamte und Gerichte. Ja, da kommt ein ‚Kampf gegen Rechts‘ ganz gelegen. Aber vergessen Sie bitte nicht: Demokratie braucht Alternativen – und hoffentlich sind es die besseren, die Missstände lösen, und nicht um sie herum riesige Blendgranaten entzünden.

Quelle: https://weltwoche.ch/daily/haufen-scheisse-parasitaere-gruppe-nazipartei-der-ton-gegen-die-afd-verschaerft-sich-die-spaltung-deutschlands-ist-tatsache-was-nun/